Bordbuch Bijou
Von Berlin binnen in den Süden, beginnend mit Freitag, 30.09.05.
Vorgeschichte: Der Plan reift
Segeln und Wassersport ist immer schon eine meiner großen Leidenschaften gewesen. Die Liebe zum Wasser habe ich von meinem Vater übernommen, der mich auch schon sehr früh zum Wassersport gebracht hatte. Meine ersten Erinnerungen habe ich daran, dass ich zusammen mit meinem Vater und meinem Bruder im Alter von drei oder vier Jahren am ersten Weihnachtstag bei Schneetreiben und leichter Eisschicht auf einem Kiesteich in unserer Nähe mit einem Faltdinghi unterwegs war, wo wir zuerst die dünne Eisschicht in Ufernähe brechen mussten, um dann auf die freie Fläche auf der Kiesteichmitte herausfahren zu können. Dort wurde dann die einfache Gaffelbesegelung hochgezogen und gesegelt. Das Ganze war so abenteuerlich aufgrund des Wetters und der Jahreszeit, das wir dann wegen eines zufällig vorbeikommenden Zeitungsreporters in die örtliche Presse kamen.
Im Sommer sind wir dann zeltend die Weser abwärts gefahren. Mein erstes eigenes Paddelboot hatte ich mit 14 Jahren, mit 18 Jahren dann zusammen mit meinem Vater das erste Segelboot. Seitdem hat mich der Segelsport nicht mehr losgelassen. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, bis zu meinem 45. Geburtstag so viel angespart zu haben, um für mindestens drei Jahre auszusteigen und eine Weltumsegelung zu machen. Das klappte dann doch nicht. Mit 45 Jahren hatte ich Frau und 5 Kinder, so dass an Aussteigen nicht zu denken war. Wegen Wohnorten erst in Stuttgart und dann in Köln, also weit ab von segelbaren Gewässern, gab es jedes Jahr ein oder zwei Segelchartertörns erst in der Ostsee und dann später auf Grund des besseren und beständigeren Wetters im Mittelmeer. Diese Chartertörns mussten dann als Ersatz für ein eigenes Segelboot herhalten.
Als dann im Jahr 2002 ein berufsbedingter Umzug nach Berlin (erst einmal als Zweitwohnung) anstand, habe ich mir ein Ziel gesetzt. Dieses hieß: „Wenn ich schon nach Berlin umziehen muss, dann erfülle ich mir wenigstens den Wunsch nach einer Wohnung mit Wasserblick.“ Diesen habe ich dann im Sommer 2002 in Wannsee mit Blick vom Balkon auf den Großen Wannsee umgesetzt. Dort habe ich dann abends auf dem Balkon gesessen und den Segelbooten auf dem Großen Wannsee zugeschaut. Dann habe ich mir gesagt, wenn ich hier schon am Wannsee auf meiner Terrasse sitze und auf die Segelboote schaue, will ich auch wenigstens wieder ein eigenes Segelboot haben. Diese Vorgabe ist noch in 2002 umgesetzt worden. Auf der Ostsee, in Neustadt, hatte ich einen Motorsegler, eine LM 27, Baujahr 1975, gefunden, der meinen Vorstellungen von einem gemütlichen und sicheren Segeln entsprach.
Noch im November 2002 haben mein Jüngster, Philip, und ich dann die Bijou, so sollte sie lt. Familienrat heißen, von Neustadt über die Trave, den Elbe- Travel- Kanal, die Elbe und den Elbe- Havel- Kanal nach Berlin überführt. Dort kam sie ins Winterlager und ab 2003 wurde sie dann intensiv auf den Berliner Gewässer gesegelt, nur unterbrochen von den jeweils drei Wochen Sommerurlaub, wo es auf die Ostsee ging. Im Sommer 2005 zeichnete es sich ab, dass mein Arbeitgeber aufgrund von organisatorischen Änderungen sich von mir trennen wollte. Dieses führte dazu, dass ich dann ganz kurzfristig mit einer Beurlaubung bis zum Jahresende am Mittwoch, dem 28.09.05, dastand. Diese Chance, jetzt zwar nicht mehr 45 Jahre, sondern 59 Jahre alt, galt es zu nutzen. Die Ziele hatten sich auch in der Zwischenzeit etwas gewandelt. So stand nicht mehr das Abenteuer, die Weltumsegelung, im Vordergrund, sondern das Leben auf dem Boot. Da der Winter vor der Tür stand, sollte ein warmes Gefilde aufgesucht werden. Dafür bietet sich das Mittelmeer an. Wenn, dann musste aber auch ganz kurzfristig entschieden werden, damit nach Möglichkeit noch vor dem Wintereinbruch der warme Süden erreicht werden konnte. Diese Entscheidung fiel nicht schwer. Der letzte Arbeitstag war der Mittwoch, am Donnerstag wurde eingekauft und das Boot klargemacht, am Freitagmorgen ging es auf die große Fahrt. Sicher eine sehr kurzfristige Entscheidung, aber so blieb auch keine Zeit für Überlegungen, ob das, was man vorhat, auch richtig ist und ob man nicht doch noch einmal das Ganze etwas herausschiebt. Nein, es musste einfach losgehen
Die Tour:
Das Ziel ist das Mittelmeer. Alleine und im Spätherbst außen herum, durch die Nordsee, den Kanal, die Biskaya und den Atlantik, das wollte ich mir nicht antun und wäre auch leichtsinnig gewesen. Also blieb nur der Weg über die deutschen und französischen Kanäle und Flüsse. Allein nur diese Strecke ist als Ziel erstrebenswert, so dass hier mit der Fahrt durch diese landschaftlich sehr schöne Strecke zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen würden. Mit der LM 27, einem Motorsegler, lassen sich auch weite Strecken unter Motor und mit gelegtem Mast mit ausreichend Komfort und entsprechend starker Maschine (3- Zylinder Volvo- Motor mit 20 KW) gut bewältigen.
Der Start ist auf dem Wannsee in Berlin, dann geht es auf dem Elbe- Havel- Kanal bis Magdeburg, von dort weiter auf dem Mittellandkanal bis zum Dortmund- Ems- Kanal und weiter über den Rhein- Herne- Kanal bis zum Rhein bei Duisburg. Dann den Rhein stromauf bis Koblenz und von dort die Mosel stromauf bis nach Toul (Frankreich). Von dort geht es üblicherweise über den Canal de l‘ Est weiter zur Saône. Da der Canal de l‘ Est wegen Reparaturarbeiten gesperrt war, ging die Fahrt über den Canal de la Marne au Rhin und dem Canal de la Marne a la Saône zur Saône bei Pontailler- sur- Saône und von dort die Saône abwärts bis zu ihrer Mündung in den Rhône bei Lyon. Weiter den Rhône abwärts bis Arles und über die Petit Rhône und den Canal du Rhône à Séte bis zum ersten Mittelmeerhafen Grau de Roi, bei dem aus dem Motorboot wieder ein Segelboot wird.
Bis hierhin waren es 1127 sm bzw. rund 2.100 km. Eine Strecke, die man mit dem Flieger in knapp 2 h bzw. mit dem Auto in 2 Tagen schafft. Für die Strecke auf dem Wasserwege mit ihren 267 Schleusen habe ich, wenn ich die terminlichen Verpflichtungen in Berlin herausrechne, 55 Tage benötigt. Eine viel zu kurze Zeit für die landschaftlich wunderschöne Strecke, auf der jeder einzelne Abschnitt eigentlich schon einen Urlaub wert ist.
Weiter ging es auf dem Mittelmeer durch den Golf du Lion zur spanischen Küste und an dieser entlang bis Blanes. Von dort erfolgte die Überfahrt zu den Balearen, die mich dann mit ihrem frühlingshaften Klima bis fast Mitte Februar 06 festhielten. Am 13.02.06 erfolgte die Überfahrt nach Javea wieder zur spanischen Festlandküste und von dort von Hafen zu Hafen bis nach Almeria. Nach einigen Tagen begann von dort die Rückfahrt, die mich die gesamte spanische Küste aufwärts führte. Wiederum wurde der Golf du Lion gequert, dann gab es noch einen Abstecher über Marseille hinaus bis bis Nizza. Von dort führte dann der Weg zurück über Marseille, den Rhone, die Saone und den Canal du Rhone au Rhine auf den Rhein bei Kembs. Am 07.08.06 war dann nach gut 10 Monaten und 4.060 Sm wieder der Liegeplatz am Wannsee in Berlin erreicht. Eine eindrucksvolle Fahrt war zu Ende.
Tag 1 - Freitag, 30.09.05
Die große Fahrt beginnt. Um 9.00 h war ich an Bord. Als erstes wurde die Bijou von ihrem Liegeplatz beim VFSW am Wannsee in Berlin zum Krananleger verholt, um die 2 Segelsäcke, die 2 Taschen, die Kühltasche und einen Rucksack zu übernehmen. Zusätzlich waren noch ein Wäschekorb mit Inhalt und eine Rolle mit Seekarten aufs Boot zu verbringen.Dies war nicht der einzige Transport.
Drei Einkaufswagen von Aldi
Am Donnerstag war ich beim Aldi gewesen und habe für die große Reise Nahrungsmittel und Getränke eingekauft (für rund 200 €, was beim Aldi 3 Einkaufswagen entspricht).
Vorausgegangen waren schon diverse Einkäufe und Besorgungen in den voran gegangenen Wochen. Seekarten für das Mittelmeer aus Hamburg, Bücher für die Fahrt durch Deutschland und Frankreich, zusätzliche Leinen für die vielen Schleusen und noch zwei Kugelfender. Zusätzlich gab es noch eine neue Starterbatterie für die lange Reise.
So ausgestattet, konnte die Reise mit gelegtem Mast gestartet werden. Noch nicht ganz, denn erst musste das Auto noch wieder zur Wohnung gebracht werden. Nach der Rückkehr zu Fuß und wieder an Bord wurde Wasser gekocht (für Kaffee) und die beiden Brötchen, die ich vorher noch beim Minimal geholt hatte, geschmiert.
Aber danach ging es wirklich los. Der Motor wurde zum zweiten Mal gestartet, um 9.40 h wurden die Leinen endgültig los geworfen, die Reise konnte beginnen. Ein bisschen komisches Gefühl kam dabei doch auf. Ist es richtig, was ich da mache? Ein Jahr sich von der Zivilisation lossagen, die Bequemlichkeiten und Sicherheiten eines Lebens auf dem Festland aufgeben, sich auf Entbehrungen einstellen, viele Kontakte und ein geregeltes Leben zu unterbrechen. Ja, es ist richtig. Die Chance muss genutzt werden. Schließlich habe ich jahrzehntelang davon geträumt. Also, dem Bug des Bootes hinterher.
Der Wannsee und die Pfaueninsel bleiben im Kielwasser zurück.
Nach einer Stunde wird das angestammte Segelrevier durch das Unterfahren der Straßenbrücke und der Einfahrt in den Sacrow- Paretzer Kanal verlassen. Die Sonne will sich dieses Bild auch nicht entgehen lassen und kommt zwischen den bis dahin dichten Wolken hervor.
Die Kanalfahrt beginnt
Eine gemütliche und abwechslungsreiche Kanalfahrt beginnt. Die Kanalseilfähre Ketzin kreuzt die Fahrt um ca. 12.00 h, die Bijou muss die Fahrt wegnehmen, um nicht gegen das Seil zu stoßen. Nach gut einer weiteren Stunde kommt Brandenburg in Sicht. Die Karte sagt aus, das Sportboote bis 2,75 m Höhe die Fahrt durch Brandenburg und die Stadtschleuse zu nehmen hätten. Sicherlich eine gute Entscheidung, denn der Weg durch die Vorstadtschleuse führt um Brandenburg herum und durch nicht attraktives Gewerbegebiet, im Gegensatz zu dem Weg durch die Stadtschleuse, die jedoch das Handicap hat, das man zu ihr nur kommt, wenn man die Steintorbrücke mit einer maximalen Durchfahrhöhe von 2,75 m unterfahren kann. Langsam taste ich mich an die Brücke heran, sie sieht niedriger aus, als sie ist. Mit einer Bootshöhe von ca. 2,55 m, trotz gelegtem Mast, fahre ich langsam unter ihr durch. Der Schleusenwärter hat mich kommen sehen und die Sportbootschleuse schon für mich geöffnet. So brauche ich nach einem freundlichen Gruß zum Schleusenwärter nur noch einfahren und festlegen. 1,20 m Höhenunterschied sind zu überwinden, schon geht es wieder heraus und weiter durch die Brandenburger Niederhavel und durch den Breitlingsee zum Plauer See.An seinem Ende geht es bei Kirchmöser in den Wendsee und dann in den Elbe Havel- Kanal. Dieser führt über 58 Km bis zur Elbe bei Magdeburg und dort über die Niegripper Schleuse in die Elbe oder über die 2003 fertig gestellte Trogführung über die Elbe in den Mittellandkanal und damit in die direkte Anbindung an den Westen. Auf diesen Weg sind jedoch noch die Schleusen Wusterwitz, Zerben und Hohenwarthe abzuarbeiten.
Nach der Schleuse Wusterwitz (ca. 5,00 m Hub) ist jedoch für mich im kommunalen Sportboothafen Genthin Feierabend. Um ca. 17.50 h ist Anlegen angesagt. Im kleinen Hafen bin ich zu dieser Zeit das erste Boot, doch in den nächsten 2 Stunden füllt sich der Hafen noch. Allerdings, Feierabend ist noch nicht, die Nähte eines Reißverschlusses der Kuchenbude haben sich aufgelöst und eine Stunde Nähen ist angesagt. Dann wird es dunkel und schnell wird noch der Landstromanschluss hergestellt. Abendessen ist angesagt, Sabine hat mir noch eine Suppe mitgegeben, diese wird jetzt warm gemacht und als erste warme Mahlzeit an Bord genossen. 42 Meilen und 2 Schleusungen liegen am ersten Tag hinter mir und lassen mich gut schlafen.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
30.09.05 | Berlin | 09.40 | Genthin | 17.50 | 42 | 42 | 2 |
Samstag, 01.10.05
19 Meter Schleusenhub
Um 07.45 h klingelt der Handywecker. Der Hafen hat sich schon deutlich geleert. Ich bin wohl ein Langschläfer. Nach der Morgentoilette geht es zum Bäcker, um 2 frische Brötchen zu erstehen. Wieder zurück an Bord, werden diese zubereitet und Wasser für den löslichen Kaffee gekocht. Um 09.10 h wird abgelegt. Die nächste Schleuse ist die Zerbener Schleuse mit ca. 5,00 m Hubhöhe. Um 11,15 h ist Ankunft, die Wartezeit jedoch nur kurz und um 11,45 h geht es schon wieder aus der Schleuse heraus. Nun verdunkelt sich jedoch der Himmel, Nieselregen setzt ein und bleibt für den Rest des Tages. Aber kein Problem, die Kuchenbude wird aufgeklappt und fast alles ist im Trockenen. Nur ich muss raus, denn um 13,40 h kommt die Schleuse Hohenwarthe in Sicht. Hier soll es lange Wartezeiten geben, da einerseits viel Verkehr ist und anschließend nach dem Passieren der Schleuse auch noch der Einbahnverkehr des Kanaltroges über die Elbe mit den Schleusenzeiten mit geregelt wird. Also wird das Oelzeug angezogen, um den Widrigkeiten des Wetters zu widerstehen. Eine ¾ h muss ich warten, dann erfolgt die Einfahrt in die Schleuse, nachdem vor mir schon ein Frachtschiff und 2 Ausflugschiffe Platz gefunden haben. Die 4 Sportboote, die sich in der Wartezeit eingefunden haben, machen auf Vorgabe der Schleusenmeisterin an den Ausflugdampfern fest. Das erspart natürlich eine Menge Arbeit, das Umstecken der Leinen in der Schleuse entfällt für die Sportboote.
19 m Hub sind zu überwinden. In der tiefen Schleusenkammer ist es schon ein bisschen dunkel. Bei diesem Hub braucht auch die Schleusung etwas länger, aber um 14,45 h fahren wir alle aus der Schleusenkammer heraus. Die Schleusenmeisterin hat uns über Lautsprecher noch mitgeteilt, dass die Sportboote bis zum Ende des Troges hinter der Berufsschifffahrt zu bleiben hätten. So zuckeln wir also bis zum Rothenseer Verbindungskanal hinter den Ausflugsdampfern hinterher. Alle wollen über die dortige Schleuse wieder auf die Elbe, nur ich beginne die Fahrt auf dem hier beginnenden Mittellandkanal. Der Kanal führt hier fast auf der gesamten Strecke hoch über das umgebende Land, so dass man nur Baumkronen oder hohe Häuser rechts und links neben der Böschung sieht. Brechen dürfen die Dämme hier nicht, sonst sitzen die Schiffe auf dem Trockenen und die Menschen in der Nähe auf ihren Hausdächern.
Um 17.30 h ist der Sportboothafen Haldensleben erreicht, ein kleiner netter Sportboothafen, der um diese Jahreszeit aber auch schon fast leer ist. Nach der Anmeldung beim Hafenmeister ist noch ein wenig Aufräumen angesagt, dann gibt es Abendessen an Bord und danach ist am Laptop noch etwas Bordbuch zu schreiben.
34 sm und 2 Schleusen sind geschafft. Gegenüber Berlin haben wir jetzt fast 30 m Höhe „gemacht“.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
01.10.05 | Genthin | 09.10 | Haldensleben | 17.30 | 34 | 76 | 2 |
Sonntag, 02.10.05
07.45 h klingelt der Wecker. Nach einigem Recken ist Duschen im Klubhaus von Haldensleben angesagt. Sehr schöne, neue Anlage, sehr komfortabel, na ja, ist ja auch über Fördermittel der Europäischen Union mitfinanziert. Wasser kochen, Brot schmieren und schon geht es um ca. 09.20 h los. Wechselnd bewölkter Himmel, wenig Verkehr auf dem Kanal. Um ca. 14.00 liegt Wolfsburg querab. Das VW- Werk ist schon riesig, wenn man mit Bootsgeschwindigkeit (10 Km/h; 1900/min) daran vorbei fährt. Danach fährt man dann auch noch an dem neuen VW- Werk (fast ebensolche Dimensionen) vorbei. Jetzt verändert sich die sichtbare Landschaft. Bisher fuhr man hoch über dem Landniveau und sah rechts und links nur Baumkronen oder Hausdächer, jetzt fährt man auf gleichem Niveau wie das umgebende Land.
Der Stress fällt langsam ab
Um ca. 15.20 h ist die Schleuse Süllfeld erreicht. Nach kurzer Wartezeit ist die Einfahrt nach 3 großen Motorschiffen und einem weiteren Sportboot angesagt. Mit Müh und Not passen wir gerade noch in das Schleusenbecken. Meine Antenne am Heck kratzt fast am Schleusentor und vorne habe ich noch 0,30 m bis zum letzten Motorschiff. Noch einmal geht es ca. 10 m hoch, von Berlin kommend jetzt insgesamt rund 40 m. Um 16.35 h ist Ausfahrt aus der Schleuse, die 20 Km bis Braunschweig sind mir zu viel und ich steuere den Sportboothafen Fallersleben an, der dann um ca. 17.00 h erreicht wird. Ein schöner, gepflegter Hafen und eine nette Aufnahme.
Ich habe das Gefühl, das ich mich an meinen Langzeiturlaub so langsam gewöhne. Der Stress und die Unruhe der letzten Tage fallen langsam, aber sicher, ab. Ich packe die letzten Seesäcke und Taschen aus und richte mich auf dem Boot immer mehr ein. Eine erste Routine tritt ein. Auch hier habe ich Landstromanschluss, so dass mit Hilfe des elektrischen Lüfters (thermostatgesteuert) eine warme Nacht gesichert ist. Zum Abend gibt es 2 Scheiben Brot mit Wurst und Käse, dazu ein Bier.
35 sm und eine Schleuse sind gemeistert.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
02.10.05 | Haldensleben | 09.20 | Fallersleben | 17.00 | 35 | 111 | 1 |
Montag, 03.10.05
Warme Nacht mit Landstrom
Um 07.45 h klingelt wie immer der Handywecker. Aufstehen ist angesagt. Kein Problem, da ich am Abend zuvor auch schon um 21.30 h das Licht ausgemacht habe. Aber welche Überraschung, als ich auf dem Weg zum Sanitärgebäude bin. Draußen ist dichter, dichter Nebel. Sichtweite ca. 20 m. Dafür entschädigt das Sanitärgebäude mit großen, geräumigen Duschen und richtig heißem Wasser. Zurück an Bord wird Wasser für den Pulverkaffee gekocht und 2 Scheiben Brot geschmiert. Dann wird um 09.10 h abgelegt. Aber o weh, kaum bin ich im Kanal, ist die Sicht fast null. Ich taste mich am rechten Ufer entlang, stecke den Kopf aus der Deckshausluke und habe ein ungutes Gefühl, Hoffentlich haben die Motorschiffe alle Radar, denn sehen kann ich nichts. Bei der Abzweigung des Elbe- Seitenkanals fahre ich auf eine Untiefe am Rand, 1,2 m zeigt das Echolot nur noch an. Schnell Ruder hart links, um vom Ufer weg zu kommen. Es geht gut, gleich habe ich wieder mehr als 3,0 m auf der Anzeige. Bis fast nach Sehnde, also bis ca. 14,00 h hält die dicke Suppe an. Nur wenig Verkehr ist vorhanden. Gott sei Dank, denn die Motorschiffe sehe ich erst, wenn sie direkt vor mir sind. Dann klart die Sicht auf, ein heller, nur noch etwas bewölkter Himmel kommt zum Vorschein. Auch für mich eine Lehre: Fahre nicht freiwillig bei Nebel auf den Kanälen oder Flüssen, hier hält sich der Nebel über dem Wasser beharrlich.
Um 15,00 h bei Sonnenschein kommt die Schleuse Anderten in Sicht. Per Funk melde ich mich als Talfahrer an. Der Schleusenmeister verweist mich auf den Sportbootanleger und erzählt mir, dass er mich dann dort über Lautsprecher aufrufen werde. Um 15,15 h lege ich am Sportbootanleger an. Knapp eine halbe Stunde später kommt die Lautsprecherdurchsage, dass ich nach einem gleich vorbeikommenden Motorschiff in die Schleuse einfahren könne. Das habe ich dann auch brav getan. Kaum hatte ich in der Schleuse festgelegt, ging es auch schon bergab. 14,7 m tief in einem schmalen Becken, das ist schon beeindruckend und trotzdem keine starke Strömung. Um 16,15 h war die Schleuse verlassen und die letzten 10 Km bis zum Hafen des Marine- Regatta- Vereins Hannover lagen noch vor mir. Dieser Hafen hat laut Wasserstreckenführer eine Dieseltankstelle, bei der ich dann 78 l getankt habe. Der Tankwart und Hafenmeister hat mir danach einen Liegeplatz zugewiesen, wie bisher immer mit Landstrom, so das eine weitere, warme Nacht gesichert war. Kurz vor 18,00 h lag das Boot fest und der Motor konnte ausgemacht werden.
Heute beträgt das Etmal 39 sm und eine Schleuse.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
03.10.05 | Fallersleben | 09.10 | Hannover | 18.00 | 39 | 150 | 1 |
Dienstag, 04.10.05
100 kleine Möwen und die Folgen
Das Wecken um 07.45 h ist schon fast obligatorisch. Heute gibt es kein Duschen. Die Sanitäreinrichtungen auf dem Restaurantschiff sind mir doch zu dürftig. Trotzdem ist es schon 09.20 h, als ich ablege. Schuld an dem späten Ablegen waren etwa 100 kleine Möwen, die sich den Hafen als Nachtliegeplatz auserkoren hatten und deutliche Spuren an Deck hinterlassen hatten. Damit war erst einmal Deckschrubben angesagt. Gott sei Dank kein Nebel, sondern hohe Bewölkung. Gefrühstückt wird wieder unterwegs. Für heute sind keine Schleusen angesagt, dafür zwei weitere Flussüberquerungen. Um 10.25 h überquere ich die Leine, um 15.00 h die Weser bei Minden.
Die Weserüberquerung ist in etwa vergleichbar mit der der Elbe bei Magdeburg, nur das diese neuer und alles noch etwas größer als bei der Weser ist. Auch schon vor dem 2. Weltkrieg war ein ähnliches Bauwerk an der Elbe wie an der Weser geplant, die Kriegswirren haben die Durchführung dann jedoch scheitern lassen. Die Fahrt verläuft störungsfrei, es geht sehr viel geradeaus. Manchmal kann man kilometerweit den Kanal entlang schauen, so gerade ist er konzipiert. Der Verzicht auf Schleusen bedeutet jedoch über lange Strecken ein Fahren in einem hoch geführten Trog weit über das umgebende Land. Da bieten sich interessante Einblicke in die umliegende Landschaft. Gegen Mittag wird es merklich wärmer und die Sonne kommt zwischen den Wolken durch. Der im Radio angekündigte „goldene Oktober", jedenfalls für diese Woche, zeigt sich so langsam. Um 17.00 h kommt der Sportboothafen des MYC Lübbecke in Sicht, das Ziel des heutigen Tages. Um 17.10 h wird der Motor ausgemacht. Ein schöner kleiner Hafen, allerdings schon in Aufbruchstimmung, denn die Boote sollen nächsten Samstag herausgeholt werden. Es wird Zeit, dass ich gen Süden komme, trotz des schönen Wetters. Ein schönes Clubhaus, gute Sanitäreinrichtungen, Landstrom und da der Hafenmeister Urlaub macht und sonst sich so keiner mit den Regularien so richtig auskennt, freies Liegen.
45 sm Etmal sind das Ergebnis des heutigen Tages.
Eigentlich wollte ich heute Abend Essen gehen. Ca. 500 m vom Vereinsgelände sollte es ein gutbürgerliches Restaurant geben. Nach dem Aufklaren des Bootes bin ich dann voller Vorfreude los marschiert, um festzustellen, dass der Weg doch etwas weiter war und dann die Erkenntnis zu erhalten, das das Lokal Betriebsurlaub macht. Na ja, ein Spaziergang schadet nicht und die Dose Sauerkraut mit Kartoffeln und Fleisch schmeckte an Bord dann umso besser.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. | ||
04.10.05 | Hannover | 09.20 | Lübbecke | 17.10 | 45 | 195 | 0 |
Mittwoch, 05.10.05
Sonnencreme im Oktober
07.45 h klingelt der Wecker. Routine muss sein. Nach dem Duschen in der großzügigen Anlage in Lübbecke und dem Zubereiten des Frühstückes geht es um 09.15 h wieder auf Tour. Auch heute ist keine Schleuse angesagt. Es ist schon erstaunlich, das der Mittellandkanal auf seiner Strecke von Magdeburg bis zum Dortmund- Ems- Kanal nur mit 2 Schleusen auf einer Strecke von 320 Km auskommt, trotz der großen Hubhöhen der Schleusen Süllfeld und Anderten. Da haben die Architekten sich schon eine entsprechende Kanalführung aussuchen müssen. Meist fahre ich im Kanalbett oberhalb des umgebenen Landes, so dass von Bord aus interessante Perspektiven ins Umfeld zu haben sind. Wieder sind Hausdächer und Baumwipfel angesagt. Kurz vor dem Teutoburger Wald bei Bad Essens ändert sich das Bild. Auf der linken Seite ist hohes Gelände, auf der rechten Seite schaut man ins Tal. Ab Mittag kommt die Sonne heraus. Gut 20 Grad Celsius sind angesagt. Ich sitze in der Sonne, steuere mit der Pinne und überlege, ob ich wohl noch die Sonnencreme brauche. Heute ist auch mehr Verkehr. Die Berufsschifffahrt ist kräftig unterwegs und auch einige Sportboote bekomme ich zu Gesicht. Apropos Sicht: Einige Motorschiffe haben in Leerfahrt absolut aus ihrem Steuerstand keine Sicht nach vorne. Der Bug ist so hoch und der Steuerstand so niedrig, das die außer dem Himmel und der Seitenaussicht nichts zu sehen bekommen. Ob diese Schiffe wohl ihr am Bug montiertes Radar deshalb auch bei dem schönen Wetter mitlaufen lassen? Ich jedenfalls bin froh, dass der Kanal hier so breit ist.
Um 15.30 h kommt bei Km 12,8 die Marina Recke in Sicht. Ich hänge die Fender heraus und mache die Leinen klar, dann geht es durch die schmale Einfahrt in den Hafen. 10 Minuten später ist das Boot am Seitensteg mit Spring festgelegt und der Landstrom angeschlossen. Ein sehr schöner Naturhafen, in dem man ruhig (ohne Schwell der im MLK vorbeifahrenden Motorschiffe) liegt.
In dem Clubhaus, das auch noch gut besucht ist, komme ich abends auch zum ersten externen Essen. Danach ist wie üblich noch das elektronische Bordbuch angesagt.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
05.10.05 | Lübbecke | 09.15 | Recke | 15.40 | 37 | 232 | 0 |
Donnerstag, 06.10.06
Nach dem Wecken um 07.45 h ist wie immer Duschen und Toilette angesagt. Aber der Blick nach draußen verheißt nichts Gutes. Dichter Nebel herrscht über dem Wasser. Also abwarten, bis das der Nebel sich verzieht. Da passt es sich ganz gut, das einerseits das Brot alle ist und der Hafenmeister am Abend vorher bei der Frage nach frischen Brötchen auf das Vereinsfahrrad und den Bäcker im nächsten Dorf verwiesen hat. Also auf geht’s, das Fahrrad ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber dann geht es auf zwei Rädern zum Bäcker. Dort gibt es 3 frische Brötchen und ein geschnittenes Graubrot. Zurück wieder an Bord, wird das Frühstück vorbereitet. Der Himmel klart sich etwas auf, die Sichtweite beträgt etwa 200 m. Start ist angesagt. das Landkabel wird eingeholt, die Leinen gelöst und um 10.10 h geht die Fahrt los. Die Sicht bessert sich immer mehr und um kurz nach 11.00 h ist die Sonne hinter dem Dunst zu ahnen. Um 12.00 h ist sie dann in voller Stärke da. Ein sommerlicher Tag mit blauem Himmel und mehr als 20o C folgt. Sommer im Oktober, wie schön. Um 11.25 h verlasse ich den Mittellandkanal, der hier nach 320 Km endet und fahre in den Dortmund- Ems- Kanal. Der DEK ist fast eine einzige Baustelle.
Überall wird er mit europäischem Geld auf 40 m Breite ausgebaut. Unabhängig davon ist er landschaftlich jedoch sehr interessant. Meist oberhalb des umgebenen Landes bietet er viele Ausblicke auf überwiegend landwirtschaftliche Nutzung. Aber auch die Industrialisierung am Kanal nimmt zu. Viele Anlegestellen und Häfen sind vorhanden. Damit nimmt auch der Berufsverkehr deutlich zu. Permanent kommen einem Berufsschiffe mit Kohle, Getreide und Materialien für den Ausbau des Kanals entgegen. Mit meiner Geschwindigkeit von knapp 6 kn, das sind ca. 10 Km, fahre ich in der gleichen Geschwindigkeit wie die Berufsschifffahrt, so dass ich außer bei der Schleuse Münster keinen Berufsverkehr in meiner Richtung erlebe. Die Schleuse Münster, meine einzige Schleuse heute, erreiche ich so gegen 15.00 h. Per Funk melde ich mich beim Schleusenmeister mit der Meldung:
„Schleuse Münster für Sportboot Bijou“
„Schleuse Münster für Sportboot Bijou“
„Guten Tag, hier Schleuse Münster“
„Sportboot Bijou möchte gern Bergwärts schleusen“
„Sportboot Bijou, bitte legen Sie am Sportbootwarteplatz an, wir rufen Sie auf“.
Nach 25 Minuten kommt die Meldung von der Schleuse, ich möchte nach dem inzwischen eingetroffenen Motorschiff als zweites Schiff in die Schleuse einfahren.
Nach dem Einfahren und Festlegen an einer Leiter schließt sich das Schleusentor und es geht 6,2 m aufwärts. Allerdings sehr ruppig. Viel Strömung ist in der Schleusenkammer. Ich muss das Boot schon kräftig an der Kaimauer halten. Wir sind in der alten West- Schleusenkammer. Die Schleuse wird komplett modernisiert mit zwei neuen Schleusenkammern. Die werden dann auch wahrscheinlich feinfühliger schleusen.
Mein Kanalführer verspricht mir mehrere Sportboothäfen in 20 Km Entfernung. Die werden bei tiefstehender Sonne schnell in 2 Stunden zurückgelegt. Kurz nach 18.00 h erreiche ich den Sportboothafen Tomberge bei Senden. Der Hafen befindet sich in einem kleinen, kurzen Abzweig zum DEK. Allerdings gestaltet sich das Anlegen an Heckpfählen und mit dem Bug gegen Land wegen der starken Querströmung schwierig. Die im Kanal vorbeifahrende Berufsschifffahrt erzeugt eine starke Strömung im Hafen mit bis zu 0,20 m Höhenunterschied und starker seitlichen Strömung. Diese Strömung legt die Bijou richtig auf die Seite. Mit doppelten Leinen und 2 Springs kann ich beruhigt der Nacht entgegensehen.
Wichtig jedoch ist:
Ich habe Landstrom und an Land im Klubgebäude Duschen und Toiletten. Aber das reicht ja auch. Ansonsten gibt es nichts. Selbst mein Handy streikt zeitweise und behauptet, keinen Empfang zu haben. Abendbrot gibt es mit frischem Brot vom Bäcker heute Morgen. Dann ist am Laptop noch Bordbuch angesagt.
Um 22.00 h ist Nachtruhe, vorausgesetzt, die Leinen halten.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
06.10.05 | Recke | 10.10 | Senden | 18.10 | 39 | 271 | 1 |
Freitag, 07.10.05
Reizvolle Landschaft im Ruhrgebiet
Die Leinen haben gehalten. Die Nacht war relativ ruhig, weil irgendwann die Schifffahrt auf dem Kanal zu Ende ging. Aber ab morgens so gegen 07.00 h ging die Schaukelei und das Rucken und Reißen an den Leinen wieder los. Kein schöner Liegeplatz. So habe ich ihn nach dem Duschen und ohne Frühstück dann auch schnell verlassen. Heute keinen Morgennebel, sondern von Anfang an blauer Himmel und mit zunehmender Tageszeit auch höhere Temperaturen. Die Kuchenbude habe ich jedoch erst gegen 11.00 h aufgeklappt, weil sie vorher von der Nachtfeuchte nicht trocknen wollte. Vorbei ging es an Senden, Datteln und weiteren Orten. Zu beiden Seiten sehr landwirtschaftlich geprägte Gegenden, die durch die hohe Führung des Kanalbettes über das umliegende Land sehr schön zu sehen waren.
Teilweise fahre ich bis zu 20 m über dem Normalgrund. Der DEK wird hier an vielen Stellen ausgebaut und verbreitert, was bei den Baustellen bei Begegnungsverkehr schon einige Aufmerksamkeit erfordert. Aber dafür wird man durch die reizvolle Landschaft entschädigt. Nach der Lippeüberquerung kommt die Abzweigung in den Weser- Datteln- Kanal, den Datteln- Hamm- Kanal und der Übergang in den Rhein- Herne- Kanal (RHK). Mit der Einfahrt in den RHK beginnt die Industrialisierung. Ein Industriehafen an dem Anderen, Castrop- Rauxel, Herne, Wanne- Eickel, Gelsenkirchen, Essen, Bottrop sind nur einige der Namen, mit dem sich der Begriff des „Kohlenpott“ verbindet. So ist auch der Kanal. Hohe Spundwände, überall Kohleverladung und viel Industrie. Trotzdem zwischendurch immer wieder Grün, viele Spaziergänger und Fahrradfahrer am Kanal.
Über die Schleusen Herne- Ost (12,8 m Hub), Wanne- Eickel (8,1 m Hub) und Oberhausen(6,5 m Hub) geht es jetzt wieder bergab. Sehr komfortabel sogar, denn alle 3 Schleusen sind mit Schwimmpollern ausgestattet, die mit dem Wasserspiegel mit runterfahren, so das ein Umstecken der Leinen entfallen kann. Bei der ersten Schleuse hatte ich jedoch Sorgen, weil mein Schwimmpoller dem fallenden Wasserstand nicht folgte und oben hängen blieb. Aber Gott sei Dank, mit einer gewissen Trägheit setzte er sich dann doch in Bewegung und folgte dem fallenden Wasserstand und dem Boot. Kurz vor der Schleuse Oberhausen dann ein Hinweis auf die Marina Oberhausen, die nicht in meinem Kanal- und Flussführer verzeichnet war. Kein Wunder, denn sie ist erst im Entstehen. So sollen die Stege erst Ende November geliefert werden, wie mir der Hafenmeister erzählte.
So konnte ich als einziger Gast heute längsseits an der Pier festmachen und mir den Liegeplatz frei wählen. Das Centro Oberhausen und die Musicalstätte Oberhausen sind jeweils nur 500 m entfernt. Am Hafen selber gibt es einen futurischen Bau namens Sealife, in dem ein Aquarium eingerichtet ist. Um ca. 17.40 h bin ich in die Marina eingelaufen, habe Wasser gebunkert und dann neben der Stromsäule festgelegt. Um 18.00 h konnte dann der Motor ausgemacht werden. Die Kuchenbude löst sich so langsam auf. Die Nähte platzen und der Stoff ist porös und reißt. Vielleicht finde ich ja einen Planenmacher dort, wo ich das Boot übernächste Woche liegen lassen will, der mir eine neue Plane macht. Die alte Plane hat, wie ich denke, ihre Schuldigkeit getan. Um 19.00 h ist meine erste Mahlzeit als Abendbrot angesagt. Diese gibt es an Bord. Danach wartet noch das digitale Logbuch auf mich und dann natürlich mein Bett. Morgen klingelt, wie immer, um 07.45 h der Wecker. Duschen und Toiletten gibt es im Sanitärcontainer.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
| Etmal | Schl. | |||||
07.10.05 | Senden | 08.55 | Duisburg | 18.00 | 37 | 308 | 3 |
Samstag, 08.10.05
Bijou auf dem Rhein
Nachdem der Wecker geklingelt hat, der Blick aus dem Fenster. Draußen ist noch dichter Morgennebel. Eine gute Gelegenheit, dem Wecker noch einmal eine Stunde abzuringen und noch eine Stunde Schlaf dranzuhängen. Doch dann hilft alles nichts. Der Nebel hat sich verflüchtigt, Aufstehen ist angesagt. Duschen und Toiletten gibt es im Sanitärcontainer. Leider sind beide dreckig und Toilettenpapier muss ich erst von Bord holen. So muss heute die Katzenwäsche am Waschbecken ausreichen. So wird das aber noch nichts mit der Marina. Auf das Frühstück wird unter Anbetracht der Tatsache, das die Schleife binden bei den Bootsschuhen schon einen roten Kopf produziert, verzichtet. Ich will ja nicht werden wie der Helmut Kohl, der nur Slipper trägt.
Um 09.30 h taste ich mich vorsichtig aus der Hafeneinfahrt heraus und fahre ca. 5 Km bis zur ersten Schleuse, der Schleuse Oberhausen. Als ich mich per Funk anmelde, schaltet der Schleusenmeister das Einfahrtssignal auf Grün und ich kann direkt einfahren. Allein in dem 190 m langen Schleusenbecken geht es 4,1 m abwärts. Scheinbar hat der Schleusenmeister den Turbogang eingelegt, denn der Höhenunterschied wird sehr schnell überwunden. Dafür habe ich auch erhebliche Turbulenzen in der Kammer. Ich kann das Boot kaum halten. In der nächsten Schleuse, der Schleuse Duisburg- Meiderich bin ich zwar auch wieder allein, aber hier werde ich im Schongang vollkommen ohne Turbulenzen die 5,2 m abgesenkt. Auch hier hat der Schleusenmeister schon auf mich gewartet und ich kann direkt einfahren. Nun gilt es nur noch den Duisburger Hafen zu durchfahren und dann geht es stromauf auf den Rhein. Ich bin gespannt, wie stark die Strömung auf dem Rhein sein wird und ob ich auch noch ausreichend Fahrt über Grund mache. Der Rhein ist ja von Konstanz aus mit Null bis zu seiner Mündung durch kilometriert. An den Ufern stehen jeweils große Tafeln mit den ganzen Km und kleinere Tafeln für jeweils 100 m. Erstaunlich, wie lang 100 m werden können. Bei Km 780 bin ich auf dem Rhein gestartet (Hafenkanal Duisburg), aber nach 3 Km geht es erst einmal in den Außenhafen Duisburg, an dessen Ende mitten in Duisburg die Marina Duisburg liegt. Dort gibt es eine Dieseltankstelle, die ich zum Auftanken anfahre. 53 l zum Preis von 1,32 €/ l gehen in den Tank. Bei ca. 32 Motorstunden seit letztem Tanken ein Durchschnittsverbrauch von unter 2 l/ h.
Nach dem Tanken geht es zurück zum Rhein und dann um12.45 h bei Km 777 weiter stromauf. Die Strömung ist doch ganz schön unterschiedlich. Bei einem engen Flussbett wird sie stärker und bei einem breiten Flussbett schwächer. Entscheidend ist auch, ob man in der Außenkurve oder in der Innenkurve fährt. Nein, das hat nichts mit Fußball zu tun, sondern mit Strömungslehre. In der Außenkurve ist normalerweise die Strömung stärker (schneller) als in der Innenkurve. Also wechsele ich je nach Fließrichtung die Seiten und versuche, immer die Innenseiten der Kurven zu erwischen. Nicht nur ich, auch die zahlreiche Berufschifffahrt macht das Gleiche. Da die Bergfahrer immer die strömungsärmere Seite suchen, die Talfahrer jedoch gerne möglichst viel Strom haben wollen, gibt es ein fröhliches Queren von einer Seite zur Anderen. Aber da wir in Deutschland sind, ist alles genau geregelt und beschrieben und selbst auf Europas meist befahrenden Fluss funktioniert es auch wirklich. Nach kurzer Zeit habe ich mich an die Rhein- Spielregeln gewöhnt und kann die langsame Fahrt über Grund auch genießen. Die Motordrehzahl habe ich von normalerweise 1.900/ min auf 2.200/ min eingestellt, um gut voranzukommen.
Um 17.45 h fahre ich in den Paradieshafen bei Düsseldorf bei Km 749 ein. Um 18.05 h kann ich nach Anlegen beim Kanu- und Yachtclub Düsseldorf den Motor ausmachen. Ein sehr schöner Yachthafen, von Bäumen eingerahmt und vollkommen stromlos und ruhig. Gleich werde ich von den Vereinsmitgliedern zu einem Glas Wein eingeladen und erfahre einige nützliche Tipps. Einer davon ist der Italiener (Restaurant) am Yachthafen, dem ich dann auch noch meine Aufwartung mache. Um 21.00 h bin ich zurück an Bord und pflege noch das elektronische Bordbuch. Meine Durchschnittsgeschwindigkeit auf dem Rhein beträgt für heute 5,6 Km. Damit bin ich dann doch zufrieden und zuversichtlich, dass ich den Rhein bergauf bis Koblenz bis einschließlich Donnerstag schaffe, es sei denn, es kommt etwas dazwischen (z. B. Nebel). Aber eigentlich drängt mich ja nichts. Schauen wir mal! Das Wetter habe ich noch gar nicht erwähnt, obwohl es wirklich erwähnenswert ist. Nach Auflösung des Frühnebels blauer Himmel bis nachmittags, dann Aufzug von Wolken. Warm, trocken und sommerlich. Der Wetterbericht sagt auch für die nächsten Tage schönes Herbstwetter voraus.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
08.10.05 | Oberhausen | 09.30 | Düsseldorf | 18.05 | 29 | 337 | 2 |
Sonntag, 09.10.05
Der Fluß als Herausforderung
Der Wecker klingelt zuverlässlich um 07.45 h. Aufstehen, Duschen und Rasieren ist angesagt. Der Himmel ist schon zu sehen. Blau ist er, das wird wieder ein schöner Tag. Um kurz vor 09.00 h sind die Leinen los geworfen, die Fender werden noch im geschütztem Hafen eingeholt und das Boot startklar gemacht. Um 09.00 h beginnt die Fahrt auf dem Rhein bergauf mit 2.200/min. Es ist nur wenig Verkehr. Bis 12.00 h überholt mich kein Motorschiff. Das liegt nicht daran, dass ich so schnell bzw. die so langsam sind, es war halt wenig Verkehr. Ob die Schiffer am Sonntagmorgen erst noch alle in der Kirche waren? Ich weiß es nicht. Aber dann setzte der für den Rhein übliche Berufsverkehr wieder ein. Ein Motorschiff hinter dem Anderen oder auch Nebeneinander beim Überholen war das übliche Bild. In Fußgängergeschwindigkeit ging es bergauf. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich. Grüne Auen, Wald, aber auch Industrieanlagen wechseln sich ab. Bald kommt Düsseldorf in Sicht. Der Stadtturm, die neu gestaltete Promenade, der Landtag. Dann liegt Düsseldorf hinter mir. Oberkassel, Bensheim und Monheim sind weitere bekannte Ortsnamen, an denen ich vorbeifahre. Das heutige Ziel heißt Hitfeld, ein kleiner Ort ca. 15 Km vor Köln.
Was ihn auszeichnet, ist sein geschützter Hafen. Mit einem Damm vom Rhein abgetrennt, liegt man vollkommen ruhig in dem Hafenbecken und kann dem Schiffsverkehr auf dem Rhein gelassen zuschauen. Um 16.45 h lege ich in diesem Hafen bei dem YC- Wuppertal- Hitfeld an. Anmelden beim freundlichen Hafenmeister, Bezahlen der Liegegebühr (total 12,50 €) und Anschluss des Landstromes sind die nächsten Tätigkeiten. Dann ist Abendbrot angesagt. Bei dem schönen Spätabend findet das Abendbrot draußen in der Pflicht mit Blick auf den Schiffsverkehr statt. Danach wird auch noch das Bordbuch bei angenehmen Temperaturen draußen geschrieben. Apropos Wetter: Auch heute wieder den ganzen Tag Sonnenschein und Temperaturen um 23 Grad. Man meint, es wäre Ende August und nicht Anfang Oktober. Im Radio läuft WDR 4 mit schnulziger Musik und auf der anderen Rheinseite in den Wiesen schnattern die Vögel. Man kommt sich vor wie im Urlaub. Hier im Hafen liegen so viele Boote, doch keiner ist da. Ich verstehe die Menschen nicht. Wo gibt es mehr Erholung und Entspannung?
Am Anfang hatte ich ja etwas Sorgen wegen des vielen Verkehres auf dem Rhein. In der Zwischenzeit ist die Sorge weg und das Fahren auf diesem abwechslungsreichen Fluss ist eine positive Herausforderung. Ich freue mich schon auf morgen.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
09.10.05 | Düsseldorf | 09.00 | Hitdorf | 16.45 | 22 | 359 | 0 |
Montag, 10.10.05
Auch morgens ist die Freude noch da. Ein bisschen wird sie getrübt durch die Tatsache, dass es nur kaltes Wasser zum Duschen gibt. Na ja, dann wird man wenigstens richtig wach. Um 09.15 h ist Ablegen angesagt. Auf Frühstück und Trinken wird jetzt morgens immer verzichtet. Wenn ich sonst morgens Kaffee trinke, muss ich mittags aufs Klo. Das ist aber bei der starken Rheinströmung und den Wellen durch die Berufsschifffahrt eigentlich nicht möglich, weil der Kurs immer wieder beständig korrigiert werden muss. Ich habe zwar überlegt, den Autopilot anzuschließen und damit das Boot geradeaus laufen zu lassen, aber ob der gegen die Strömung und den Druck, den dieser auf das Ruder auswirkt, standhält? Also gibt es erst zu Trinken und zu Essen, wenn ich nachmittags irgendwo im Hafen bin. Das funktioniert. Nach 3 Stunden Fahrt sind wir auf der Höhe von Köln.
Der Kölner Dom, die Rheinbrücken, das Stollwerk- Museum und der Rheinhafen werden passiert. Eine Stunde später ist Porz erreicht Weiter ging es noch bis zum Sportboothafen Mondorf, ein idyllisch gelegener Naturhafen. Durch einen ca. 300 m langen schmalen Kanal geht es in einen fast kreisförmig angelegten Hafen, der ringsum von Bäumen umgeben ist. Dort liegt man vollkommen strömungsfrei und ruhig. Dies nutzen drei Vereine und vielleicht so um die 50 Sportboote. Als ich in das Becken einfuhr und suchend umherblickte, wo ich denn nun einen Nachtliegelatz finden würde, winkte man mir von einem Steg schon zu und wies auf einen freien Liegeplatz hin. Dort angekommen, wurden mir schon die Leinen abgenommen und das Boot festgelegt. Ein toller Service, der absolut nicht mehr selbstverständlich ist. Um 17.20 h konnte ich den Motor ausmachen. 9,00 € Liegeplatzgebühr und 3 x 50- Centstücke für Landstrom waren der Preis für die Nacht. Ich habe noch überlegt, ob ich zum Abendessen nach Mondorf gehen sollte. Aber ich war zu faul, bzw. das Ambiente im Hafen zu eindrucksvoll. So wurde in der Plicht zu Abend gegessen und dann schlafen gegangen. Um 20.30 h lag ich im Bett. Das elektronische Bordbuch muss bis Morgen warten.
Ach ja. Das Wetter: Wie immer, Sonnenschein von morgens bis abends und Temperaturen so bis 23 Grad.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
10.10.05 | Hitdorf | 9.15 | Mondorf | 17.20 | 26 | 385 | 0 |
Dienstag, 11.10.05
Mit Knoblauch gegen Hexen und Vampire
Wecken um 07.45 h. Ein Blick aus dem Fenster - kein Nebel draußen- also ist Aufstehen angesagt. Waschen und Duschen, kein Frühstück. Um 09.00 h ist abgelegt, die Fender sind im geschützten Hafen noch eingeholt und die Fahrt auf dem Rhein kann wieder beginnen. Blauer Himmel und Sonnenschein sind wie immer schon vorhanden. Gleich morgens wird die Sonnenbrille aufgesetzt, denn das Sonnenlicht wird durch die Wasserreflexion noch kräftig verstärkt. Ich habe das Gefühl, dass der Berufsverkehr auf dem Rhein, umso höher man kommt, immer schwächer wird. Dem scheint wirklich so zu sein, denn die großen Industriehäfen vor Düsseldorf, Neuss, Köln und Wesseling nehmen doch viel Verkehr weg. So wird das Fahren immer entspannter. Vielleicht trägt zu dieser Entspanntheit auch bei, dass man sich immer mehr an die Nachbarschaft der „dicken Pötte“ gewöhnt. Bonn wird im Schritttempo durchfahren, dann geht es weiter nach Königswinter. Dort grüßt der Drachenfels mit seiner Burgruine und kennzeichnet den Beginn des Siebengebirges. Die „Berge“ rücken auf beiden Seiten dicht an den Rhein. Das Flussbett wird schmaler und tiefer. Teilweise zeigt das Echolot bis zu 10 m Tiefe an. Hier wird es wichtig, immer die strömungsärmere Innenkurve zu fahren und die ideale Streckenführung zu finden, um gegen den stärkeren Strom gegen an zu kommen.
Rechts und links des Rheines sind die ersten Weinberge zu sehen. Dass man im Weinanbaugebiet ist, sieht man auch den leeren Flaschen, die ab und zu im Rhein treiben. Bisher waren es leere Bierflaschen, jetzt sind es leere Weinflaschen. Die ersten Burgen und Schlösser finden sich auf den Bergen oder an den Hängen. Touristik ist angesagt. Ortsnamen wie Remagen, Linz, Bad Breisig und Andernach sind für den Rhein bekannt und werden passiert. Nach Andernach verlassen uns dann wieder die Berge und wir fahren wieder in der Ebene. Der Rhein wird breiter und ruhiger. Nachmittags dann eine Durchsage im Radio: Der Dortmund- Ems- Kanal ist für die Schifffahrt gesperrt. Eine Undichtigkeit des Kanals bei der Überführung über die Lippe und Wasseraustritt haben die Notwendigkeit der Schließung der rechts und links davon liegenden Fluttore erfordert. Erst letzte Woche, am Freitag, bin ich im DEK über die Lippe gefahren. Beeindruckend, da man dort fast 20 m über der umliegenden Landschaft fährt. Und nun ist der Kanal kaputt. Ein ungutes Gefühl beschleicht mich. Vor fast 30 Jahren, kurz nach der Eröffnung des Elbe- Seitenkanals, ist mir ähnliches passiert. Dort war ich in einem Nachttörn mit unserem damaligen Stromer von Braunschweig bis kurz vor Lüneburg gefahren und eine Woche später war dann der Elbe- Seitenkanal ebenfalls an einem Brückenbauwerk, das ich in dieser Nacht auch passiert hatte, undicht geworden.
Das gab damals eine große Überschwemmung und viel Presse. Aber hoch und heilig: Ich habe nichts gemacht! Weder damals, noch letzten Freitag. Doch nun zurück zum Rhein. Eigentlich sollte das heutige Ziel der Sportboothafen unter der Burg Hammerstein in einem Nebenarm des Rheines sein. Da aber es erst kurz vor 16.00 h war, beschloss ich noch etwas weiter bis nach Neuwied in den dortigen Sportboothafen zu fahren, da dort auch eine Tankstelle im Hafen ist. Um kurz vor 18.00 h war dann Neuwied erreicht und ich konnte in den dortigen, auch wieder sehr ruhig gelegenen Hafen einlaufen. Nach Besuch des Hafenmeisters in seinem Büro und dem Aufklaren des Bootes bin ich dann noch in die Hafenkneipe zum Abendessen gegangen. Als Vorspeise gab es ein warmes Knoblauchbaguette mit Zwiebeln und Tomaten. Mit sehr viel Knoblauch. Heute Nacht können mir weder Hexen noch Vampire etwas antun. Hoffentlich werde ich den Knoblauchgeschmack und seine Ausdünstung bald wieder los. Morgen habe ich um 10.00 h eine Verabredung mit dem Hafenmeister an der Tankstelle. Mal sehen, ob der Rheinländer pünktlich ist.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
11.10.05 | Mondorf | 08.45 | Neuwied | 17.55 | 30 | 415 | 0 |
Mittwoch, 12.10.05
Um 07.45 h klingelt der Wecker. Da ich mich für 10.00 h mit dem Hafenmeister an der Tankstelle verabredet habe, kann ich noch ein halbe Stunde dösen. Doch dann ist Aufstehen angesagt. Die sanitären Anlagen sind großzügig bemessen, obwohl kaum noch Gäste da sind.
Der Rheinländer ist pünktlich. Kurz vor 10.00 h kommt er mit dem Motorroller bei der Tankstelle auf der anderen Seite des Hafens vorgefahren und ich muss mich sputen, um selber auch noch pünktlich da zu sein. 76 l Diesel gehen in den Tank. Das ergibt einen durchschnittlichen Verbrauch bei 2.200/ min von 2,3 l/ h. Das geht zwar immer noch, ist aber deutlich mehr als sonst bei meinen 1900/ min und 1,7 l/ h. Um 10.15 h geht die Fahrt auf dem Rhein wieder los. Die Sonne lacht und es ist auch schon angenehm warm. 14 Km bzw. rund 7 sm sind es noch bis zum Deutschen Eck in Koblenz, das nach 2,5 h Fahrt erreicht wird. Vorher schon ist die Festung Ehrenbreitstein zu sehen, die von oben auf die Mündung der Mosel in den Rhein herunterblickt.
So wie ich in die Mosel einfahre, ist die Strömung weg und ich kann entsprechend Drehzahl herunternehmen. Dann kommt auch schon die Schleuse Koblenz in Sicht. Ein Motorschiff und ein Sportboot liegen schon vor der Schleuse. Die Schleuse hat zwei Kammern, beide sind offen und die Einfahrtslichter auf grün. Das Motorschiff fährt in die größere der beiden Kammern ein, das Sportboot macht keine Anstalten. Über Funk frage ich bei der Schleuse an, ob wir Sportboote in die kleinere der beiden Becken einfahren können. Na klar, die Lichter seien doch schon auf grün, antwortet der Schleusenmeister. Aber mein Sportbootfahrer hat wohl keinen Funk und so muss ich ihn erst in die Schleuse jagen. Dort geht es dann gemächlich etwa 6 m nach oben.
Die Fahrt auf der Mosel ist gegenüber der auf dem Rhein ein Genuss. Kaum Strömung, wunderschönes Umfeld und immer noch Sonnenschein, der auch bis Abends anhält. Die Fahrt endet dann bei dem Sportbootzentrum Grünl am Ortsrand von Koblenz. Zuerst bin ich daran vorbeigefahren, um bis zur Marina Winningen zu fahren, die auch Reparaturleistungen anbietet. Doch mein telefonischer Kontakt nach dort und die Frage, ob sie mir bei der Beschaffung einer neuen Kuchenbude und der Reparatur der Standheizung helfen könnten, waren nicht so überzeugend. Also bin ich umgedreht und zurück zum Wassersportzentrum Grünl gefahren. Dort waren ein freundlicher Empfang und eine sofortige Organisation vorhanden. Am Nachmittag war schon der Planenmann da, hat grob Maß genommen und ein Angebot erstellt. Am Freitagmorgen kommt er wieder und nimmt dann die Detailmaße. Der Elektriker für die Standheizung und eine Kabelverlängerung für das Handgerät der Funke kommt am Donnerstagmorgen. Das Boot kann hier dann bis zu meiner Rückkehr aus Berlin liegen bleiben. Im Bootszubehör finde ich noch Verriegelungen für die jeweils vorderen Backskisten, die hervorragend passen und gleich noch von mir angebaut werden. Jetzt will noch mein Sohn Lars aus Bonn kommen und wir beide wollen dann gemeinsam zu Abend essen. Wiederum ein gelungener Tag.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
12.10.05 | Neuwied | 10.15 | Koblenz | 14.30 | 15 | 430 | 1 |
Donnerstag, 13.10.05
Erste Reparaturen
Auch wenn heute Hafentag angesagt ist, klingelt der Wecker um 07.45 h. Nach der Morgentoilette wird wieder Wasser gekocht. Heute ist genug Zeit zum Frühstücken. Aber nach dem zweiten Becher Kaffee wird mir gammelig. Liegt das daran, dass mir der schon zur Routine gewordene Rhythmus fehlt, oder waren es die Schokokaffeebohnen, die ich gestern Abend noch in großer Anzahl in mich reingeschaufelt habe. Vielleicht sind dass ja wirklich richtige Kaffeebohnen gewesen. Dann habe ich jetzt den Coffeeinschock. Na ja, auch das geht vorbei. Der Abend mit Lars war nett gewesen. Wir waren in einem Weinlokal in der Nähe und haben dort zu Abend gegessen. Das Problem mit der Standheizung habe ich, bevor der Elektriker kam, selber gelöst. Das Innen- Thermostat war runtergedreht und deshalb sprang die Heizung nicht an. Na ja, keiner ist vollkommen. Trotzdem war der Besuch des Elektrikers wertvoll. Das 220 V- Ladegerät lud die Batterien aufgrund eines losen Kabelanschlusses nicht mehr auf. Da hatte sich wohl aufgrund der vielen Motorstunden eine Verschraubung gelöst.
Ich habe dann noch den ganzen Tag an Bord herumgepusselt. Eine Relingstütze war zu richten, abzudichten und neu zu befestigen, einige Schrauben an den Backskisten auszutauschen und der Sitz beim Innensteuerstand auszubauen. Auch hier soll der Planenmacher einen neuen Bezug aufbringen. Dann folgte noch ein Spaziergang in den nächsten Ort zum Bäcker, um 2 Brötchen für das Abendbrot an Bord zu holen. Nach dem Abendessen war Dokumentation angesagt. Aus den vielen geknipsten Fotos wurden 50 Bilder für eine Präsentation anlässlich der Oldtimernachbesprechung ausgesucht und zusammengestellt. Frau Schuerrmann hat für mich einen Leihwagen für Freitagmittag bestellt, so dass auch der morgige Tag schon geklärt ist.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
13.10.05 | Koblenz |
| Koblenz |
| 0 | 430 | 0 |
Freitag, 14.10.05
Eine Woche Pause
Der Wecker meint es heute gut mit mir. Er klingelt, weil gestern Abend noch so eingestellt, erst um 08.30 h. Ein Blick aus den Kajütfenstern. Dichter Nebel auf der Mosel. Aber es hilft nichts. Heute ist Reisetag angesagt und so gilt es aufzustehen. Nach der Morgentoilette ist geruhsames Frühstücken mit Brötchen und Kaffee angesagt. Dann wird das gepackt, was mit soll nach Berlin. Um 10.30 h lichtet sich der Nebel und die Sonne kommt zögerlich raus. Vorher sind schon 2 Flusskreuzfahrtschiffe, noch im dichten Nebel, vorbeigefahren. Die Passagiere standen zum Teil an Deck und versuchten, hinter dem Nebel Sehenswürdigkeiten von Koblenz zu erspähen. Wahrscheinlich lief die übliche Durchsage: Zur rechten Seite sehen Sie ...., zur linken Seite ist .... . Na ja, auch Flussnebel kann für die Gäste ein Erlebnis sein.
Dann kamen die Planenmacher zu zweit, um Maß für die neue Kuchenbude zu nehmen. Das war ganz interessant, dabei zuzusehen. Zuerst kam die alte Plane herunter, dann wurden die Spriegel mit Gurten fixiert. Mit transparenter Folie, die mit Tapes an den Spriegeln fixiert wurden, erfolgte die Skizzierung und Festlegung der neuen Plane. Mit Folienstiften wurden sämtliche Befestigungspunkte, die Fensterausschnitte, die Anordnung der Reißverschlüsse und alle anderen notwendigen Punkte gekennzeichnet. So entstand in kurzer Zeit ein Aufriss im Maßstab 1:1. Um kurz vor 12.00 h war die Arbeit getan, die alte Plane noch einmal wieder aufgezogen und die Planenmacher ins Wochenende verschwunden. Auch für mich war jetzt die Zeit zum Aufbruch gekommen. Eine Taxe brachte mich zur Autovermietung in Koblenz, von der ich dann mit einem Mietwagen über Kempen und Hannover wieder nach Berlin gefahren bin. Jetzt warte ich schon wieder sehnsüchtig auf die Rückkehr zum Boot in etwa einer Woche.
Tag | Startort | Startzeit | Zielort | Zielzeit | Etmal | Ges. | Anz. |
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| Etmal | Schl. |
14.10.05 | Koblenz |
| Koblenz |
| 0 | 430 | 0 |
Allgemeine Informationen
Kartenmaterial
Teil 1 meiner Fahrt gen Süden geht von Berlin bis zur Mosel, also eine reine Binnenfahrt. Wenn man theoretisch hier auch mit einem Straßenatlas „navigieren“ könnte, ist aussagefähiges Kartenmaterial hilfreich.
Für den ersten Teil bin ich mit der N.V.- Sportschifffahrtskarte Binnen, Teil 1 gefahren, die die Berliner Gewässer und den Weg bis zum Mittellandkanal detailliert mit Brückenhöhen, Schleusenangaben, Telefonnummern und Funkfrequenzen beschreibt. Auch die Sportboothäfen und Liegemöglichkeiten sind aufgeführt.
Ab der Elbüberquerung bei Magdeburg und Beginn des Mittellandkanales war das Buch von Manfred Fenzl – Vom Rhein zur Nord- und Ostsse- , erschienen im Delius- Klasing- Verlag mit der ISBN 3-89225-446-X mein Begleiter.
Ebenso von Manfred Fenzl und dem gleichen Verlag kam dann der Flussführer –Der Rhein- mit der ISBN 3-89225-466-4 auf den Kartentisch und zur Anwendung.
Für die Fahrt auf der Mosel habe ich mir dann noch, ebenso von Manfred Fenzl –Die Mosel- gekauft, die mir dann auf meiner Fahrt auf der Mosel ein stetiges Nachschlagewerk war.
Durch die Kilometrierung und sehr detailgetreuen Darstellungen in den Kanal- und Flussführern war stets eine gute Übersicht über den aktuellen Standort und die vor einem liegende Strecke gegeben.
Mein schwimmendes Zuhause
Die Bijou ist eine LM 27, Baujahr 1975, ein dänisches Serienboot, konzipiert als Motorsegler.
Motorsegler sind meist ein Kompromiss zwischen einem Motorboot und einem Segelboot. So auch hier. Mit fast 4,5 t reisefertigem Gesamtgewicht und relativ kleiner Besegelung sind unter Segel keine Rekorde zu erreichen. Bei Regatten kann ich das Feld nur vor mir hertreiben. Dafür verfügt die Bijou aber über einen 3- Zylinder Volvo- Motor mit 20 KW, der eine enorme Schubkraft hat und der Bijou bei ca. 1900 1/min 6 Kn Reisegeschwindigkeit bei ca. 1,8 l/h Verbrauch ermöglicht. Der Vorbesitzer hat das eigentlich nach achtern offene Deckshaus mit einer Abtrennung mit 2 Schiebetüren versehen. Das gibt die Möglichkeit, am Innensteuerstand auch bei Schlechtwetter im Trockenen und nach erfolgter Reparatur der Standheizung ebenso auch im Warmen zu fahren. Als Langkieler ist die Bijou vorwärts sehr kursstabil, nur beim Rückwärtsfahren entwickelt sie manchmal ein Eigenleben. Der geringe Tiefgang von ca. 1m lässt ein Fahren auch in flachen Gewässern zu und sorgt dafür, dass man in Häfen immer noch einen Platz findet, an dem eine tiefer gehende Segelyacht schon keine Chance mehr hat.
Text und Fotos: Hans Potthast, Berlin
... lesen Sie hier Teil 2 dieses außergewöhnlichen Törnberichtes
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