Autopilot Pcnautic Pinnensteuerung

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Autopilot im Praxistest: Freiheit an der Pinne

Einhand segeln, Segel bergen, Reffen – wie der Pcnautic Autopilot das Steuern übernimmt und den Alltag an Bord verändert

25 Jahre lang lief der Autohelm 2000 an der Pinne – mal zuverlässig, mal mit Aussetzern. Irgendwann war Schluss. Die Wahl stand zwischen dem Raymarine EV-100 für 1700 Euro oder dem Pcnautic-Autopiloten für 900 Euro. An Bord kam die günstigere Lösung. Nicht nur aus Preisgründen. Der Eindruck nach den ersten Schlägen: ein kräftiger Antrieb, moderne Technik und spürbare Entlastung für die Crew - gleich ob singlehanded oder zu zweit.

Das waren die Testbedingungen

Eingebaut wurde der Pcnautic Autopilot auf einer Dufour 29, einem Klassiker mit Pinnensteuerung aus dem Jahr 1977. Gesegelt wurde auf IJsselmeer, Nordsee und auf einem längeren Törns im Ärmelkanal entlang der franzöischen Küste und zurück ins Ijsselmeer. Genau die Bedingungen, in denen ein Autopilot seine Stärken zeigen muss – von ruhiger Motorfahrt bis zu ruppiger Welle und starker Tide.

Was steckt im Pcnautic-Autopiloten?

Das Herzstück ist die Recheneinheit. Sie verarbeitet die Sensordaten, berechnet laufend Steuerbefehle und hält das Boot auf Kurs. Ergänzt wird sie durch den TillerDrive, einem schweren Linearantrieb und einer Steuereinheit.

Die Technik basiert auf einer 9-Achsen-IMU mit Gyroskop, Beschleunigungs- und Magnetfeldsensor. Sie misst Drehungen, Beschleunigungen und Kursabweichungen gleichzeitig. Dadurch erkennt das System kleinste Abweichungen sofort und steuert schnell dagegen. Im Vergleich zu älteren Autopiloten mit einfachem Fluxgate-Kompass läuft das Boot stabiler, ohne ständiges Übersteuern.

Standard ist die Kompasssteuerung über den eingebauten Sensor. Wer nach GPS steuern möchte, braucht zusätzlich gegen Mehrpreis eine externe Antenne mit USB-Anschluss, den es auch in wasserdichter Ausführung gibt. Damit hält der Autopilot den Kurs über Grund – besonders nützlich bei starken Tidenrevieren wie dem Ärmelkanal. Über Schnittstellen kann er zudem Routen aus dem Plotter übernehmen.

Der Grundpreis liegt bei rund 900 Euro – fast 800 Euro weniger als der Raymarine EV-100. Damit bietet der Pcnautic moderne Sensorik, kräftigen Antrieb und flexible Anschlussmöglichkeiten zu einem recht günstigen Preis-Leistungsverhältnis.

Was steckt im Lieferpaket des Pcnautic?

Im Karton liegen Recheneinheit, Pinnenantrieb, Steuereinheit, Kabel, Stecker sowie Halterungen und Bolzen für die Pinne. Die Länge der Kabel wird ohne Mehrpreis nach der Bestellung durch Pcnautic individuell angefertigt. Wer eine besondere Einbausituation hat, kann eine verlängerte Schubstange bestellen.

Als Zubehör gibt es die GPS-Antenne mit USB-Stecker, wahlweise wasserdicht. Für die Bedienung neben der Steuereinheit stehen eine kostenfrei Smartphone-App und eine Smartwatch-App zur Verfügung. Kurswechsel mit einem Fingertipp oder vom Handgelenk aus – eine Erleichterung im Bordalltag, die mit kaufentscheidend war.

Wie lief der Einbau auf der Dufour 29?

Vor dem Bohren hieß es messen: Wo sitzt der Pinnenantrieb, wo die Steuereinheit, wie verlaufen die Kabel? Die Dufour 29 bietet wenig Platz, sorgfältiges Planen war Pflicht. Großer Vorteil war, dass für den Pinnenantrieb die alte Einrichtung vom bisherigen Pinnenpiloten übernommen werden konnte.

Der Antrieb ist seitlich an der Pinne montiert, der Hub in Mittellage ausgerichtet. Ein stabiler Bolzen im Backskistendeckel an Steuerbord dient als Halterung. In ihr wird der Pinnenanrieb eingesteckt. Die Recheneinheit kam geschützt unter Deck. Sie wurde in der Backskiste kopfüber unter dem Deck montiert und ist dort gut zu erreichen und sicher befestigt. Strom kommt über das 12-Volt-Bordnetz mit Sicherung und Schalter über das Schaltpanel am Navigationsplatz.

Die Steuereinheit fand ihren Platz schräg zwischen Heckkorb und Sitzducht, gut erreichbar, aber nicht im Weg. Einfach war die Suche nach dem passenden Ort jedoch nicht: Die Box ist recht klobig und passt nicht überall. Ursprünglich war die Montage an der Kajütwand zum Cockpit auf Steuerbordseite geplant. Doch die langen, wasserdichten Stecker ragten so weit heraus, dass es optisch und praktisch störte.

Die Lösung brachte ein sehr freundlicher Stegnachbar, der eine Edelstahlhalterung anfertigte. Sie berücksichtigte sowohl den Winkel der Montagefläche als auch die Tiefe der Stecker. Kostenpunkt: 20 Euro für das Material und eine Kiste Wein für den Nachbarn. Der Aufwand mit Ausmessen, Materialeinkauf, Fertigung und Einbau war nicht zu unterschätzen – das Ergebnis aber war  mehr als zufriedenstellend.

Zum Schluss alles verbunden, Strom angeschaltet – der Pinnenantrieb lief. Der Einbau zeigte: Mit Vorbereitung funktioniert das System tatsächlich „Plug & Play“.

Die Einbauzeit lag – mit Planung, Bohren, Leitungen verlegen und Montage, aber ohne die Fertigung der Halterung – bei rund eineinhalb Tagen.

Wie lief die Inbetriebnahme?

Nach dem Einbau kam der spannende Moment: Strom anschalten und sehen, was passiert. Der Pcnautic baut sein eigenes WLAN auf. Mit dem Smartphone verbinden, Browser öffnen – schon erscheint die Benutzeroberfläche. Dort lassen sich Kurs und Modi einstellen.

Der Hersteller empfiehlt, den eingebauten Kompass bei der ersten Fahrt zu kalibrieren, indem man mit dem Boot in Kreisen fährt. Im Test wurde das übersprungen: Nach kurzer Zeit hatte sich die Steuereinheit selbst eingespielt und steuerte korrekt.

Mit der externen GPS-Antenne am USB-Anschluss kam die Steuerung nach Kurs über Grund hinzu. Im Ärmelkanal mit seiner Tide erwies sich das als außerst komfortabel.

Auch die Smartwatch funktionierte sofort: am Handgelenk, über WLAN verbunden, Kurs ändern per Fingertipp. Einfacher geht es kaum. Sollte man meinen. Aber einige Einschränkungen gibt es dann doch.

Wie lässt sich der Autopilot bedienen?

Die Steuereinheit selbst ist schlicht und praktisch. Vier Tasten reichen: A schaltet den Autopiloten ein und aus, M wählt den Modus – etwa Steuerung per Kompass oder GPS. Mit den beiden Pfeiltasten lässt sich der Kurs nach Steuerbord oder Backbord verändern, in kleinen oder größeren Schritten. Auch mit nassen Fingern sind die Tasten problemlos bedienbar.

Daneben gibt es die Steuerung per Smartphone-App. Auf dem Display erscheint ein großer Kompass, ergänzt um Tasten für Kursänderungen und Modi. In der Praxis zeigte sich aber eine Einschränkung: Kursänderungen sind nur in Zwei-Grad-Schritten möglich. Für längere Schläge hätte man sich feinere Abstufungen gewünscht. Dazu kommt ein weiteres Problem: Die Verbindung läuft über das WLAN der Steuereinheit. Das funktioniert nur, wenn die mobilen Daten am Smartphone ausgeschaltet sind. Auf längeren Strecken in Nordsee und Ärmelkanal bedeutete das: Entweder den Autopiloten per Handy bedienen – oder Wetterberichte und Nachrichten abrufen. Beides gleichzeitig ging nicht.

Auch die Smartwatch kann genutzt werden. Sie greift allerdings nicht direkt auf den Autopiloten zu, sondern verbindet sich über das Smartphone. Eine reine Bluetooth-Verbindung saugt den Akku der Uhr in kurzer Zeit leer und ist damit wenig praxistauglich. In der Folge funktioniert die Uhr im Alltag nicht wirklich selbstständig. Bleibt die Hoffnung, dass es hier in Zukunft Verbesserungen gibt.

Wie schlägt sich der Autopilot in der Praxis?

In ruhiger See steuert der Pcnautic die Dufour 29 gerade und ruhig. Die Korrekturen sind klein und gleichmäßig, das Boot läuft sauber auf Kurs. Allerdings ist das nichts Besonderes – das schafft im Grunde jeder Autopilot.

Spannend wird es bei achterlichen Wellen. Hier steuert der Pcnautic präziser als eine Steuerfrau oder ein Steuermann. Das Boot bleibt stabiler auf Linie, selbst wenn die Welle anläuft und zum Ausbrechen verleiten würde.

Bei kurzen Wellen gegenan arbeitet der Pinnenantrieb deutlich mehr, die Pinne schlägt kräftiger aus – dennoch ohne Aussetzer. 

Das Geräusch des Pinnenantriebs ist ein leises Surren. Auch auf langen Schlägen bleibt es gut ertragbar und stört nicht.

Beim Stromverbrauch zeigt sich ein klares Bild: 0,5 bis 0,7 Ampere unter Motor, 1 bis 1,5 Ampere unter Segeln. Werte, die für ein Boot dieser Größe unproblematisch sind.

In Böen reagiert die Steuereinheit schnell. Sauber getrimmte Segel entlasten den Pinnenantrieb, schlechter Trimm führt zu mehr Arbeit und stärkeren Ruderschlägen. Einstellungen wie Gain oder Deadband könnten helfen – im Test reichten die Standardwerte aus.

Bei Einhand-Manövern war die Fernbedienung ein Gewinn: Segel setzen, bergen oder reffen – der Autopilot hält den Kurs, während die Hände frei bleiben.

 

Welche Möglichkeiten zur Integration gibt es?

Der Pcnautic-Autopilot lässt sich über Schnittstellen in ein Bordnetz einbinden. So kann er Daten aus einem Plotter nutzen, etwa um einer Route von Wegpunkt zu Wegpunkt zu folgen. Auch eine Verbindung zu NMEA2000 oder SeaTalk ist möglich. Dafür Ist allerdings ein zusätzlicher Konverter notwendig, der mit Extra-Kosten verbunden ist. 

Dazu kommen erweiterte Einstellungen, mit denen sich das Steuerverhalten anpassen lässt. Ein Beispiel ist Gain, das die Stärke der Ruderausschläge bestimmt. Ebenso lässt sich das Totband verändern – ein kleiner Bereich um den Sollkurs, in dem der Autopilot nicht reagiert. Damit kann man einstellen, ob er eher ruhig und stromsparend oder besonders präzise steuern soll. Auch Dämpfung und Reaktionsgeschwindigkeit gehören zu diesen Parametern.

Im Test wurde auf solche Feinjustierungen verzichtet. Schon mit den Standardwerten lief das System stabil und überzeugend.

Wie urteilen andere Seglerinnen und Segler?

In Foren und Erfahrungsberichten wird der Pcnautic häufig gelobt: Der kräftige Pinnenantrieb, die direkte Reaktion und die Möglichkeit, per Smartphone oder Uhr zu steuern, kommen gut an. Kritisch angemerkt wird die eher technische Dokumentation und der höhere Aufwand beim Einbau. Insgesamt entsteht ein Bild: ein Autopilot mit viel Leistung, der Aufmerksamkeit bei der Einrichtung verlangt, dafür aber solide Ergebnisse liefert.

Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen?

Nach einer langen Testsaison bleibt vor allem ein Eindruck: Der Pcnautic ist kräftig, stabil und vielseitig. Der Pinnenantrieb packt auch bei Druck ordentlich zu, die Sensorik sorgt für sauberes Steuern – und auf langen Schlägen nimmt der Autopilot spürbar Last von der Crew. Besonders die GPS-Steuerung zeigte sich als präzise und einfach zu handhaben, ein Gewinn in Revieren mit Strömung und Tide.

Ganz ohne Tücken geht es nicht. Die Steuereinheit braucht Platz, und die langen Stecker machen den Einbau kniffliger als gedacht. Die Anleitung ist auf Englisch, umfangreich, aber nicht immer leicht lesbar. Wer sich Zeit nimmt und sorgfältig plant, wird damit dennoch gut zurechtkommen. Einbau und Einrichtung kosten Arbeit, sind aber keinesfalls ein Hindernis.

Am Ende hat der Pcnautic die Erwartungen übertroffen. Der Autopilot hat Vertrauen geschaffen und bewiesen, dass er mehr kann, als nur den Kurs zu halten. Für alle, die längere Strecken segeln oder allein unterwegs sind, ist er ein starker Partner an der Pinne.

Daten, Fakten, Tipps

Daten & Fakten

  • Preis: ca. 900 Euro (Basisversion)
  • Pinnenantrieb: schwerer Linearantrieb mit großem Hub, Endanschlägen und integriertem Ruderlagesensor
  • Sensorik: 9-Achsen-IMU (Gyro, Beschleunigung, Magnetfeld)
  • Steuerung: Steuereinheit mit 4 Tasten, Smartphone-App, Smartwatch-App
  • Modi: Kompass, GPS (mit externer Antenne), Wind
  • Stromaufnahme: 0,5–0,7 A unter Motor, 1–1,5 A unter Segeln

Praxistipps

  • Einbau sorgfältig planen, Platz für lange Stecker berücksichtigen
  • Kalibrierung kann entfallen, das System spielt sich nach kurzer Zeit selbst ein
  • Smartphone-Steuerung funktioniert nur mit deaktivierten mobilen Daten
  • Watch nur eingeschränkt nutzbar, da sie vom Smartphone abhängt
  • Für Einhand-Manöver ist die Fernbedienung per App eine große Hilfe

Links

Herstellerseite: pcnautic.com
Handbuch und Quickstart: pcnautic.gitbook.io
Videos: Pcnautic-YouTube-Kanal

Über den Autor

Ertay Hayit ist Journalist, Buchautor und Chefredakteur von Fahrtensegeln.de. Seit vielen Jahren schreibt er über Reisen, Technik und Wassersport. Auf dem Wasser sammelt er seit früher Jugend praktische Erfahrungen, die in seine Reportagen und Ratgeber einfließen.

Transparenz-Hinweis

Der Beitrag wurde unabhängig recherchiert und geschrieben. Es bestehen keine wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem Hersteller. Der Autopilot wurde regulär gekauft.

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